Wenn das Gedächtnis versagt

04.02.2005
Neuss-Grevenbroicher Zeitung vom 4. Februar 2005

Die Statistik ist alarmierend: Weltweit sind 20 Millionen Menschen an „Alzheimer“ erkrankt, 1,2 Millionen sind es allein in Deutschland. Im Rhein-Kreis Neuss sind rund 6500 betroffen. Angesichts dieser Zahlen erscheint die Schlagzeile „Volkskrankheit der westlichen Hemisphäre“ durchaus realistisch, wie Professor Alfred Maelicke, Leiter des Laboratoriums für Molekulare Neurobiologie an der Universität Mainz, jetzt im Rahmen einer Veranstaltung des „Gesundheitspolitischen Arbeitskreises“ (GPA) der Kreis-CDU, erläuterte.

Der Vortrag in den Räumlichkeiten des Unternehmens Janssen-Cilag stieß auf reges Interesse. Der Ort dürfte zudem nicht ganz zufällig ausgewählt worden sein: Dr. Marcel Mangen als Geschäftsführer von Janssen-Cilag konnte unter anderem auf die intensive Forschungsarbeit des Hauses verweisen, das darüber hinaus mit Professor Maelicke kooperiert, der bereits an verschiedenen Max-Planck-Instituten sowie an verschiedenen Einrichtungen in den Vereinigten Staaten tätig war. 1989 wechselte er an die Universität Mainz.

Maelicke zeigte auf, wie sich das Krankheitsbild seit seiner Entdeckung im Jahr 1906 durch Alois Alzheimer entwickelt hat. Heute leiden 55 Prozent der Demenz-Kranken an „Alzheimer“. Allerdings werde befürchtet, dass insgesamt weitaus mehr Menschen betroffen seien, so der Naturwissenschaftler. Denn trotz einer durch prominente Beispiele - Ronald Reagan oder Helmut Zacharias - herabgesetzten Tabuschwelle verdrängen die Betroffenen häufig selbst die typischen Symptome im Anfangsstadium und machen auch dem Hausarzt das Erkennen schwer. Gerade dort, in der späten Diagnostik und bei den noch immer nicht erforschten Ursachen, liegen nach Auskunft des Referenten einige der Gründe, warum die Krankheit häufig einen ungehinderten Verlauf nimmt. Dabei wäre laut Meinung des Fachmanns durch die Gabe von Antidementiva, wie zum Beispiel einem Medikament mit dem Wirkstoff Galantamin (Schneeglöckchen-Extrakt), eine Verzögerung bis zu vier Jahren durchaus denkbar. „Mut zum Handeln“, forderte Maelicke, einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Demenzforschung, angesichts der kopflastigen Alterspyramide. Gleichwohl musste er gestehen: „Wir, die Forschenden, haben noch viel zu leisten“. Im Anschluss an das Referat machte die von Dr. Daniel von Lennep als Sprecher des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises geleitete Publikumsdiskussion deutlich, dass auch soziale Belange vor allem bei der Pflege der an „Alzheimer“ Erkrankten eine enorme Rolle spielen. Zur Bewältigung dieser Probleme boten Helga Kawashima und Aleksandra Rybak die Hilfe des 1993 in Neuss gegründeten Vereins „Alzheimer Gesellschaft Rhein-Kreis Neuss/Nordrhein“ an. Kawashima und Rybak stellten ein neues Projekt vor, das Angehörige von Betroffenen entlasten und das Selbstwertgefühl der Patienten stärken soll,