Einsamkeit - Tabus brechen, Betroffene ermutigen
02.02.2024
Wer sich dem Thema Einsamkeit widmet, erwartet anfangs mit hoher Wahrscheinlichkeit Berichte über Menschen zu lesen, die ob ihres Alters oder einer gravierenden Erkrankung nicht mehr Teil des gesellschaftlichen Lebens sind oder bewusst von diesem entkoppelt ein sozial verarmtes Dasein fristen. Schnell muss man bei der Recherche feststellen, dass dies eine klischeehafte Denkweise ist, die revidiert werden muss.
„Nicht erst seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat ein breiter Querschnitt der Bevölkerung unter Einsamkeit zu leiden. Anders als man annehmen könnte, sind nicht nur ältere Menschen aufgrund ihrer individuellen Lebenssituation betroffen. Auch Jugendliche und junge Erwachsene können sich wegen mangelnder Orientierung oder besonderer Belastungen einsam fühlen“, verdeutlicht auch die Vorsitzende des Ausschusses für Soziales und Wohnen im Kreistag, Katharina Reinhold (CDU). Die Kooperation von CDU, FDP und UWG/FW-Zentrum habe sich eingehend mit dem Thema befasst, so die Erste Stellvertretende Landrätin.
„Regelmäßig vereinsamen auch alleinerziehende Väter oder Mütter, die sich trotz des Zusammenlebens mit Kindern aufgrund des Mangels an Zeit und Energie allein fühlen. Am wenigsten sichtbar sind womöglich die von Einsamkeit betroffenen Singles und Mid-Ager, da diese Thematik in der Öffentlichkeit kaum zur Geltung kommt.“
Auf Basis dieser Erkenntnisse entwickelte sich bei den Fraktionen der Wunsch, die Leiterin der durch Ministerpräsident Hendrik Wüst eingerichteten Stabsstelle “Demorgraphischer Wandel, Einsamkeit” des Landes NRW, Sina Breitenbruch-Tiedke, zu einem Austausch in die heutige Ausschusssitzung einzuladen.
Barbara Brand, sozialpolitische Sprecherin der Christdemokraten, erläutert die Intention dahinter: „Für Betroffene ist es oft ein Tabu, über Einsamkeit zu sprechen. Daher muss unseres Erachtens für diese Thematik mehr Raum geschaffen werden, um Betroffene zu ermutigen, sich an bereits bestehenden Hilfsangebote zu wenden.“
Frau Breitenbruch-Tiedke berichtete von der Arbeit der Stabsstelle, die im Oktober 2022 ihre Arbeit aufgenommen hat. Nach einer 5-Säulen-Strategie wird die Thematik auf Landesebene behandelt. Zunächst ist das “Phänomen Einsamkeit” zu verstehen und zu erschließen; dabei geht es darum, den Kreis der Betroffenen zu konkretisieren. Dies sind neben den bekannten oder vermuteten Personengruppen auch Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderung. Im Anschluss muss für dieses Themenfeld sensibilisiert und Verständnis geschaffen werden. Ziel der Landesregierung ist eine bessere Vernetzung aller in diesem Bereich tätigen Akteure, so das sein spezieller Aktionsplan entwickelt wurde, um Betroffene in allen gesellschaftlichen Gruppierungen erreichen zu können und Angebote zu optimieren. Geplant ist zudem eine Einsamkeitskonferenz sowie ein Programm, das ein Engagement gegen Einsamkeit gesondert fördern soll.
„Wir wollen Einsamkeit mit Maßnahmen begegnen, die auf die Bedürfnisse der Menschen im Kreisgebiet zugeschnitten sind. Insofern werden wir auf der Basis der von Frau Breitenbruch-Tiedtke geschilderten und geplanten Angebote eruieren, welche Maßnahmen wir besonders für den Rhein-Kreis Neuss als geeignet und sinnvoll erachten“, so Barbara Brand.