Rede zur Verabschiedung des Kreishaushalts 2025
01.04.2025

Sehr geehrter Herr Landrat Petrauschke,
sehr geehrter Herr Kreisdirektor Brügge,
sehr geehrte Herren Dezernenten,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
wir stehen heute vor der Verabschiedung eines Haushaltes, der Abbild einer Zeit globaler Unsicherheiten ist. Ein Blick auf die weltpolitische Lage zeigt, dass das vergangene Jahr von geopolitischen Umwälzungen, wirtschaftlichen Verwerfungen und gesellschaftlichen Herausforderungen geprägt war. Diese Entwicklungen wirken sich nicht nur auf die Bundes- und Landespolitik aus, sondern betreffen auch direkt unsere Region, unsere Heimat, unseren Rhein-Kreis Neuss.
Die weltpolitische Ordnung befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Der andauernde Krieg in der Ukraine hat die Sicherheitsarchitektur Europas erschüttert und zwingt Deutschland und seine Partner, ihre Verteidigungspolitik und Energiestrategien neu auszurichten. Die transatlantische Partnerschaft mit den USA bleibt ein zentrales Element, doch die politische Unsicherheit in Washington zeigt, dass wir in Europa mehr Eigenverantwortung übernehmen müssen. Auch wir im Rhein-Kreis Neuss müssen uns sehr zeitnah mit der Frage möglicher Truppenverschiebungen, deren Versorgung und Infrastruktur sowie dem größtmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung auseinandersetzen. Erste Schritte hat die CDU-Fraktion bereits mit Anfragen zur Ist-Situation und der Bestandsaufnahme von Bunkeranlagen im vergangenen Jahr unternommen. Die Kommunalpolitik bleibt gefordert, den Ist-Zustand gegenüber dem Land und dem Bund zu spiegeln, um im Bereich der Gefahrenabwehr und des Bevölkerungsschutzes signifikante Verbesserungen zu erreichen.
Die wirtschaftliche Lage stellt sich ebenfalls angespannt dar. Hohe Inflationsraten, steigende Zinsen und eine schwächelnde Konjunktur setzen nicht nur den internationalen Handel unter Druck, sondern treffen auch den Mittelstand, die Industrie wie jüngst die Nachricht des Lebensmittelkonzerns Nestlé mit dem Weggang von Thomy am Standort Neuss zeigte und damit die Menschen hier im Rhein-Kreis Neuss.
Diese wirtschaftliche Lage trifft damit nicht zuletzt unsere Kommunen und insbesondere deren Haushalte. Genau aus diesem Grund hat die CDU-Fraktion gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern unmittelbar nach der Einbringung des Haushaltes das Ziel ausgegeben, den Hebesatz von 35,93 Prozentpunkten auf 34,9 Prozentpunkte zu senken – eine Entlastung von rund neun Millionen Euro in absoluten Zahlen. Anders als von anderen Fraktionen gab es zumindest in meiner eigenen Fraktion und der Kooperation ausschließlich Sparvorschläge bzw. gegenfinanzierte Initiativen und eine klare Priorisierung von Aufgaben. Es bleibt festzuhalten: Wir haben unser Wort an die Kommunen gehalten und eine signifikante Entlastung der klammen Kassen erreicht!
Ein wesentlicher Baustein zur Erreichung dieses Ziels war die Veränderungsmitteilung der Verwaltung, die sich gemeinsam mit der CDU auf einen steinigen und harten Weg begeben hat. Denn die Ermittlung von Einsparpotenzialen war ein wahrlich nicht vergnügungssteuerpflichtiger Prozess und hat meiner Fraktion bzw. jedem einzelnen Mitglied, insbesondere meinen fachpolitischen Sprechern, viel abverlangt. An dieser Stelle möchte mich daher herzlich bei meiner Fraktion für diese gemeinsame und letztlich erfolgreiche Kraftanstrengung bedanken.
Es waren harte Diskussionen in der Sache, aber sie haben uns noch einmal sehr deutlich gemacht, in welchem Ausmaß der Rhein-Kreis Neuss Pflichtaufgaben, auch für unsere acht Kommunen, übernimmt. Der Haushalt des Kreises ist keinesfalls auf Kosten der Kommunen aufgebläht, im Gegenteil: Er schultert in großem Umfang Aufgaben der Städte und der Gemeinde und schafft es dabei, die finanzielle Belastung für diese vergleichsweise gering zu halten. Die von Frau Baum und den Herren Bürgermeistern alljährlich wiederkehrende Generalabrechnung mit der Finanzpolitik des Kreises stellt sich auch in diesem Jahr erneut als fehlgeleitete Kritik heraus. Wer eine ehrliche und verantwortungsvolle Haushaltspolitik verfolgt, muss klar benennen: Ein Großteil der gegenwärtigen Einsparungen beruht auf Einmaleffekten. Sollte sich die wirtschaftliche Lage nicht nachhaltig verbessern, wird ein Anstieg der Kreisumlage in den kommenden Jahren kaum vermeidbar sein. Alles andere wäre eine Augenwischerei gegenüber den Kommunen.
An dieser Stelle möchte ich ein Zitat des ehemaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt anführen:
„Tue, was sich in deinem Herzen richtig anfühlt, kritisiert wirst du so oder so.“
Es war und ist klarer politischer Wille der CDU-Fraktion, sparsam, achtsam und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger mit den zur Verfügung stehenden Mitteln umzugehen. Der Rhein-Kreis Neuss ist gegenüber dem Landschaftsverband Rheinland umlagepflichtig. Ebenso hat der Kreis keinen Einfluss auf sich erhöhende Sozialausgaben.
Bedauerlich finde ich daher, dass die Bürgermeisterin und die Bürgermeister Leistungen des Kreises kritisieren, obwohl diese für die Kommunen übernommen werden. Man bedient sich hier leider erneut des veralteten Bildes einer Dualität zwischen dem Kreis und seinen Kommunen.
Es ist dieses Verhalten, dass die CDU-Fraktion jedes Jahr aufs neue in ihrer Motivation bestärkt, die Kommunen über rationale, sinnstiftende Initiativen des Kreistages sowie über die fundierte Sacharbeit der Kreisverwaltung vom Wert dieser Kreisgemeinschaft zu überzeugen.
Hier möchte ich als Beispiel die Koordinierung der Drogenberatung und -prävention anführen oder auch den Rückzug der Stadt Neuss aus der Verantwortung, Menschen die Möglichkeit zu bieten, auf dem zweiten Bildungsweg einen Schulabschluss zu erlangen. Gerade dies ist auch christdemokratische DNA: Jeder Mensch verdient unserer Auffassung nach eine zweite Chance, und jeder Mensch sollte gemäß seiner individuellen Fähigkeiten bestmöglich gefördert werden. Bedauerlich, dass diese Aufgaben ohne Reflektion von der Stadt Neuss aufgegeben worden sind.
Meine Damen und Herren, im Haushalt gibt es einen Faktor, der die Union mit ihren Kooperationspartnern – neben den eigenen politischen Einsparungen – bewusst dazu anhält, in diesem Jahr das Instrument des globalen Minderaufwandes nicht anzuwenden: die Entnahme aus der Ausgleichsrücklage in Höhe von 16,5 Millionen Euro für das Rheinland Klinikum und damit auch die weitere Nichterhebung der Kreisumlage. Lassen Sie mich kurz auf die Forderungen der Bürgerinitiative und insbesondere der Bürgermeister Mertens, Krützen, und Lierenfeld eingehen.
Speziell die letztgenannten Herren erzeugen ein verzerrtes Bild der Lage und instrumentalisieren die Sorgen der Menschen vor Ort für Ihre und parteipolitische Zwecke!
Gerade wir als Kreistag mit unserem Landrat Hans-Jürgen Petrauschke kämpften für den Erhalt der Notfallversorgung und der Geburtsstation. Wir waren es, die im Neusser Rathaus lange für den Begriff der Umwandlung der jeweiligen Standorte nach dem Prinzip „Zug um Zug“ kämpfen mussten. Warum werden dann die Unterschriften nur beim Gesellschaftervertreter Petrauschke, der immer an der Seite der Standorte stand und steht, abgegeben – und nicht beim eigenen Parteikollegen in Neuss? Ist es Parteitaktik auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger, oder spielt hier vielmehr Resignation in einem parteiinternen Zwist, der sich nicht mehr kitten lässt, eine Rolle? Dies bleibt unklar.
Klar ist hingegen, und das möchte ich betonen: Hier im Kreistag geht uns – und damit spreche ich sicher für nahezu alle Abgeordneten im Haus – um die Menschen! Um die Menschen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, und um die Menschen, die Patientinnen und Patienten sind. Politik ist – zumindest nach meinem eigenen Verständnis – kein Selbstzweck!
Wir wollen eine qualitativ hochwertige und zuverlässige Gesundheitsversorgung im Rhein-Kreis Neuss sicherstellen. Die Notwendigkeit zur Restrukturierung des Rheinland Klinikums resultiert nicht zuletzt aus der über Jahrzehnte vorherrschenden chronischen Unterfinanzierung des Gesundheitssystems, mit welcher die Bundesebene die Kommunen alleingelassen hat. Die Bürgermeister, insbesondere die Herren Krützen und Lierenfeld, kritisieren die Höhe der Kreisumlage, fordern aber zugleich, dass hinsichtlich der Klinikstandorte vor Ort alles so bleiben soll, wie es ist. So wird es aber nicht funktionieren! Wer die Musik bestellt, der soll sie auch bezahlen – und nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Die CDU-Fraktion verwehrt sich keinesfalls der Option, dass Dormagen und Grevenbroich mit dem Kreis ins Gespräch kommen, um Gesellschafteranteile zu übernehmen, sich finanziell und inhaltlich für ihre Standorte einzusetzen und sich an deren Entwicklung zu beteiligen.
Sofern die Herren also den nötigen Schneid besitzen, in dieser Thematik auf einen ehrlichen Pfad im Sinne der Menschen vor Ort zurückzukehren, freue mich sehr auf die Gespräche und bin gespannt, ob diese Last von den jeweiligen städtischen Haushalten getragen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute verabschieden wir den letzten Haushalt in der Wahlperiode 2020–2025. Hier möchte ich gerne noch einmal einige Meilensteine unserer interfraktionellen Kooperation hervorheben. Gemeinsam sind wir in die Corona-Pandemie gestartet. Dies war für den politischen Diskurs, die Konstituierung von Fraktionen und das Kennenlernen der einzelnen Persönlichkeiten nicht einfach. Die Verwaltung musste innerhalb kürzester Zeit ihre Handlungsstärke in Krisenzeiten unter Beweis stellen, die Kreispolitik die Rahmenbedingungen ihres Handelns mit weitreichenden Entscheidungen legitimieren. Zudem galt es eine ganze Reihe von Personalentscheidungen zu treffen: die Wiederwahl von Kreisdirektor Brügge, das Herstellen des Einvernehmens zur Ernennung von Kreiskämmerer Dr. Stiller und Dezernent Küpper sowie zuletzt die Ernennung von Kreisdezernent Johnen.
Unter hohem persönlichem Einsatz der Kreistagsmitglieder wurden viele inhaltliche Themen auf den Weg gebracht. Allein im Bereich Bildung wurden sechs weitere Bildungsgänge eingeführt. Im Bereich Strukturwandel und Infrastruktur wurden Projekte wie die Frimmersdorf GmbH oder die Fokussierung auf den Schienenverkehr vorangetrieben. Erste Projekte im Bereich des Wohnungsbaus sind erfolgreich abgeschlossen, weitere werden in konkrete Bahnen gelenkt! Ebenso fand im Bereich Klimaschutz ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien auf kreiseigenen Gebäuden statt. Der Neubau der Wertstoffsortieranlage wurde beschlossen – und viele weitere wichtige Themen hat dieser Kreistag angestoßen.
Im September dieses Jahres wird ein neuer Kreistag und auch eine neue Verwaltungsspitze gewählt. Aus meiner Sicht als Fraktionsvorsitzender der CDU ist die Zeit für die erste Landrätin des Rhein-Kreises Neuss reif! Gemeinsam mit Katharina Reinhold wollen wir die erfolgreiche Entwicklung des Kreises nach der Kommunalwahl fortsetzen.
Dies ist der letzte Haushalt, der von Hans-Jürgen Petrauschke nach 16 Jahren als Landrat des Rhein-Kreises Neuss eingebracht worden ist. Ihnen, Herr Landrat, gilt auch im Namen meiner CDU-Fraktion mein ganz besonderer Dank. Sie haben in all den Jahren diesen Kreis durch etliche Krisen und Herausforderungen geführt und führen ihn weiterhin. Sie halten – wenn auch nicht unumstritten – mit klarem Kompass die Balance zwischen strukturellen Ausgaben im Bereich Personal und einer handlungsfähigen Kreisverwaltung im Blick. Sie bleiben immer bemüht, interfraktionell Brücken zu schlagen, und bleiben – wie vorhin bereits angesprochen – jederzeit im Sinne der Menschen im Rhein-Kreis Neuss tatkräftig.
Als ich vor drei Jahren das Amt des Vorsitzenden der CDU-Fraktion übernehmen durfte, bezeichnete mich eine Kollegin dieses Hauses als „Terrier des Landrates“. Mit diesem Vergleich konnte damals und kann ich nach wie vor sehr gut leben, da ich, wie auch meine Fraktion von Ihrer Arbeit, Herr Landrat, und Ihrer Leistung für den Kreis zutiefst überzeugt bin. Ich möchte Ihnen im Namen meiner Fraktion und auch ganz persönlich an dieser Stelle Danke sagen!
Ein herzliches Dankeschön gilt auch einer ganz besonderen Frau, die heute hier anwesend ist – Ihrer Frau!
Liebe Frau Petrauschke, Sie waren und sind all die Jahre eine verlässliche und starke Begleiterin – bei offiziellen Anlässen ebenso wie im Hintergrund. Mit großer Bescheidenheit und persönlichem Einsatz haben Sie wesentlich dazu beigetragen, dass Ihr Mann sein Amt mit so viel Kraft und Ausdauer ausfüllen konnte. Dafür möchte ich Ihnen meinen ganz besonderen Dank aussprechen – für all das, was gerade auch Sie oft im Stillen geleistet haben.
Zum guten Schluss darf ich mich bei allen Fraktionen für die konstruktiven Beratungen und die Unterstützung bedanken – allen voran bei meinen Kollegen der Kooperation mit Dirk Rosellen, Carsten Thiel und Hajo Woitzik an der Spitze sowie natürlich auch bei der SPD in Persona von Udo Bartsch sowie den beiden Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, Petra Schenke und Dirk Schimanski. Gleichsam gilt mein herzlicher Dank den Herren Dezernenten sowie den Damen des Kreistagsbüros für ihre profunde Arbeit und fortwährende Unterstützung.
Es wird Sie nicht verwundern: Die Union wird dem Haushalt heute zustimmen. Herzlichen Dank!